(Foto: Bürgergemeinschaft Am Hagen)
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Sarach,
Zeitungsberichten (zum Beispiel Hamburger Abendblatt vom 28.08.2018) entnehmen wir, dass für das Naturschutzgebiet Ahrensburger Tunneltal eine „Machbarkeitsprüfung zur Umsetzung digitaler Erlebnisräume“ erstellt wurde. Wir sind direkte Anwohner. Sie können uns ein großes Interesse an dem Gebiet unterstellen. Deshalb einige Anmerkungen und Fragen zu der Studie und ihrer Entstehung.
Wir sehen das Gebiet, seiner Zweckbestimmung entsprechend, primär als Naturschutzgebiet. Aus eigenem Erleben, aber auch aus Gutachten staatlicher Stellen (zum Beispiel „Entwurf eines Managementplans für das Fauna-Flora-Habitat-Gebiet, Stellmoor – Ahrensburger Tunneltal“ des Ministeriums für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und Digitalisierung) wissen wir, dass es dort Defizite im Naturschutz und zum Beispiel in der Aufsicht gibt. Wir sind der Auffassung, dass womöglich vorhandene Gelder vorrangig zur Beseitigung dieser Mängel verwendet werden sollten. Wenn dies nicht möglich ist, sollten in Ahrensburg andere Defizite, wie zum Beispiel bei den Kitaplätzen, behoben werden.
Wir lesen, dass für das Gutachten 20.000,- Euro bezahlt wurden. Sind in dieser Summe Ahrensburger Gelder enthalten? Ist eine öffentliche Ausschreibung erfolgt? Schließlich gibt es am Markt eine Reihe von Firmen, die hier hätten tätig werden können.
Das Ahrensburger Tunneltal ist allgemein bekannt: Es wird von Firmen, Verbänden und sonstigen Einrichtungen empfohlen, die sich auf Fahrradfahrer, Wanderer, Läufer, Naturliebhaber und so weiter konzentrieren. Der Besuch wird in der Presse den Lesern regelmäßig ans Herz gelegt. Man trifft deshalb im Naturschutzgebiet regelhaft Besucher, Kurse finden statt, Kindergruppen lernen dort, Schüler werden zu den Burgresten geführt. Die Belastung des Gebietes ist jetzt schon hoch. Die Gutachter wollen indes den Bekanntheitsgrad weiter erhöhen. Sie nehmen an, dass zum Erreichen ihrer vorgeschlagenen Maßnahmen rund 500.000,- Euro an Investitionsmitteln und weitere Folgekosten nötig sind. Wir können den Zeitungsberichten allerdings keinen für Ahrensburg irgendwie monetär bezifferten Nutzen, aber auch keinen genauer ausgedrückten sonstigen Gewinn entnehmen. Sind in dem Gutachten keine Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen vorgenommen worden?
Den Berichten nach hat eine „Lenkungsgruppe“ das Gutachten begleitet. Sehr geehrter Herr Bürgermeister, waren in dem Gremium Mitarbeiter der Ahrensburger Verwaltung tätig? Haben Sie sich mit der Leitung der Verwaltung (also im Endeffekt mit Ihnen) abgestimmt oder sind Sie schon mit entsprechenden Vorgaben in die Gruppe gegangen? Müssen wir davon ausgehen, dass dieses Gutachten die erklärte Richtschnur der Ahrensburger Verwaltung bezüglich des Tunneltals darstellt?
Das Verfahren, dass die SPD-Fraktion im Kreistag Stormarns durch ein Gutachten über die Vermarktung eines Ahrensburger Naturschutzgebietes bestimmt, ist in unseren Augen bemerkenswert. Auch die hiesige SPD hatte bei Wahlveranstaltungen hier im Ahrensburger Süden eine ähnliche Linie zu den hier am Ort befindlichen Landschaftsschutzgebieten dargelegt. Bei der letzten Kommunalwahl hat sie insofern den von ihr bis dato gehaltenen Wahlkreis „Siedlung Am Hagen“ verloren. Sehr geehrter Herr Bürgermeister, wir bitten Sie in diesem Zusammenhang, als Leiter der Verwaltung auf die Beachtung und Einhaltung der Verordnungen für das Naturschutzgebiet und die Landschaftsschutzgebiete hinzuwirken.
Noch etwas zur Qualität der Vorschläge des Gutachtens: Es „könnte an der neuen Bahnbrücke für die Straße Brauner Hirsch ein Aussichtspunkt inklusive Park- und Rastmöglichkeit angebaut werden.“ Nun – das Brückenbauwerk würde wegen des mühsamen Berliner Kompromisses zu seinem Bau nicht tangiert werden. Der Aussichtspunkt könnte auch nicht im Naturschutzgebiet gebaut werden, sondern müsste auf der Seite der L82 entstehen. Besucher würden von dort zunächst auf die viergleisige Bahnlinie schauen und dann auf die Felder entlang des Braunen Hirschens. Das ist die einzige Stelle im Naturschutzgebiet, wo klassische Landwirtschaft betrieben wird (ordnungsgemäß – was immer das ist). Ein Aussichtspunkt mit Parkmöglichkeit an dieser Stelle würde außerdem den Autoverkehr durch die Siedlung Am Hagen erhöhen. Für die jahrelangen Bemühungen, den Verkehr dort zu reduzieren, wäre das kontraproduktiv.
Allein das Aufnehmen der Idee „Aussichtspunkt“ in dieser Form weckt Zweifel an der Qualität des Gutachtens, die nur schwer zu beseitigen sind. Vermutlich hat die „Lenkungsgruppe“ hier nicht mehr die Kraft gehabt, zu steuern.
Wir versenden diesen Brief ebenfalls an verschiedene andere Adressaten, von denen wir Reaktionen erhoffen. Insofern erbitten wir auch von Ihnen, sehr geehrter Herr Bürgermeister, schriftliche Antworten auf unsere Fragen.
Mit freundlichen Grüßen
Silke Quast-Müller
(Vorstandsvorsitzende der Bürgergemeinschaft Am Hagen e.V.)
PS.: Die Schilder im Gebiet könnten tatsächlich geputzt oder ersetzt werden. Die für das Gutachten aufgewendeten 20.000,- Euro wären dafür besser angelegt gewesen.